Dienstag, April 04, 2006

Übung Statistische Diagramme lesen und interpretieren - Lösung

(Übungsblatt ausgeteilt am 28. 3. 2006)

  1. Was können Sie aus Abbildung 1 ablesen?
  2. Was können Sie aus Abbildung 2 ablesen?
  3. Welche Interpretation können Sie ableiten, wenn Sie die beiden Abbildungen miteinander vergleichen?
Ad 1. und 2.
Die Arbeitslosigkeit ist wie in beiden Abbildungen zu sehen ist, bei beiden Geschlechtern starken Schwankungen unterworfen. Ein genauerer Blick zeigt jedoch auch, dass bei allen Ähnlichkeiten der beiden Kurven der prozentuelle Anteil der jeweils Arbeitslosen an der Anzahl der Beschäftigten je nach Geschlecht differiert. Während bei den Bauingenieuren das Arbeitslosigkeitsrisiko zwischen 7,5 und knapp 11 % schwankt, liegt dieses Risiko bei den Bauingenieurinnen bei 19,5 bis 24 %.

Ad 3.
Das bedeutet für eine Frau ist das Risiko als ausgebildete BauingenieurIn arbeitslos zu werden zwei- bis dreimal so hoch wie das der Männer.


Worauf muss man bei diesen Diagrammen achten?

  • Beschriftung der Achsen bzw. Niveau des Ausschnitts (Bei Frauen liegt die Beschäftigung bei absoluten Zahlen zwischen 20.000 und 80.000, diese Zahlen sind bei Männern mit 10 zu multiplizieren. D.h. die Säulen der Bauingenieurinnen sind nur Bruchteile der Säulen ihrer Kollegen. Anders bei den relativen Zahlen der Arbeitslosigkeit. Hier wird bei Männern ein Ausschnitt zwischen 7 und 11 gewählt, während bei Frauen der Ausschnitt zwischen 19 und 24 liegt.)
  • Liniendiagramme spiegeln eine Verbindung vor wo es keine gibt. D.h. hier werden Jahresmittelwerte mit Linien verbunden, dabei könnte fälschlicherweise der Eindruck entstehen, dass damit der Jahresverlauf von Jänner-Dezember abgebildet wird (aber es handelt sich um diskrete Werte!).

Übung Mythos Frauenbetriebe - Analyse

Dieser Artikel (als Übungstext im Seminar am 28. 3. verteilt), der am 1. August 2005 in der österreichischen Zeitschrift Profil veröffentlicht wurde und sich auf eine Pressekonferenz zu einer Studie über Frauenbetriebe in Österreich bezieht (http://www.ots.at/presseaussendung.php?schluessel=OTS_20050729_OTS0089&ch=technologie) könnte im besten Fall als ironisch verstanden werden, trotzdem bleibt ein schaler Nachgeschmack: Hinken von Frauen geführte Unternehmen tatsächlich wirtschaftlich hinter Männerbetrieben hinterher?

Dazu gleich vorneweg eine Zahl, um Österreichs Wirtschaftsstandort zu spezifizieren: 99,6 % aller österreichischen Unternehmen sind KMU, haben also weniger als 250 Beschäftigte. Der überwiegende Anteil dieser KMU ist zudem ein Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten.
http://www.kmuforschung.ac.at/

In absoluten Zahlen sieht die österreichische Situation so aus: Von den gesamt 253.502 Betrieben gehören 218.067 bzw. 86% zu den Kleinstunternehmen. Diese Unternehmen erwirtschafteten fast 71 Mrd. Euro Umsatzerlöse (http://www.unternehmer-in-not.at/kurz_notiert_detail10.php).
Die Wirtschaftskammer Österreichs hat diese Statistik der Betriebe nach Beschäftigtenzahlen noch genauer aufgeschlüsselt und da zeigt sich, dass der größte Anteil dieser Kleinstunternehmen Ein-Personen-Unternehmen sind, gefolgt von Unternehmen mit bis zu 4 Beschäftigten.
http://portal.wko.at/wk/startseite_th.wk?AngID=1&SbID=165&BrID=&DstID=0

Zu den Exportquoten kann gesagt werden, dass Österreichs KMU mit ihrer Exportquote an der Spitze Europas liegen: 38 % der KMU waren 2001 im Export tätig. Im Vergleich dazu Dänemark hat eine Exportquote von 28 %, Luxemburg 26 %, Irland und Schweden 25 %, Deutschland 21 % und Schweiz 19 % (http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2005/0205/W3/51502kmu_pk.htm). Leider wird bei all den genannten Internet-Quellen die Exportquote der Kleinstunternehmen und insbesondere der Ein-Personen-Betriebe nicht extra angeführt.

All diese Faktoren der KMU-Szene in Österreich können nun in einer Gegenüberstellung der im Artikel genannten Besonderheiten der Frauenbetriebe aufgelistet werden.

Österreichische Frauenbetriebe
81 % setzen weniger als 500.000 Euro/Jahr um
5 % sind im Export tätig
2/3 haben max. 5 MA
ca. ½ hat keine Beschäftigte

Österreichische Unternehmen generell
86 % (= Kleinstunternehmen 0< 10 MA) erwirtschaften 325.588 Euro/Jahr Umsatzerlöse
38 % der KMU waren 2001 im Export tätig
81,8 % haben max. 4 Beschäftigte
53, 4 % haben keine Beschäftigten

Und so zeigt sich, dass bis auf die Exportquote, die aber aufgrund fehlender Detaildaten für Kleinstunternehmen (wie sie Frauenbetriebe im überwiegendem Ausmaß sind) nicht endgültig bewertet werden kann, alle anderen Faktoren für Frauenbetriebe in keinster Weise besonders, anders oder gar schlechter einzustufen sind als KMU in Österreich generell.
Während 86 % der österreichischen Unternehmen durchschnittlich weniger als 1/3 Mio. Euro pro Jahr umsetzen, erwirtschaften 81% der Frauenbetriebe weniger als 1/2 Mio. Euro pro Jahr.
Knapp 82 % der österreichischen Betriebe haben bis zu vier Beschäftigte, demgegenüber haben immerhin 2/3 der von Frauen geführten Unternehmen bis zu fünf Beschäftigte.
Und der angegebenen annähernden Hälfte der Frauenbetriebe, die Ein-Personen-Unternehmen entsprechen, stehen 53 % österreichische Ein-Personen-Unternehmen gegenüber.

Fazit
Mit ein paar Zahlen über die wirtschaftliche Situation von Frauenbetrieben lässt sich der Eindruck erwecken, Frauen seien wirtschaftlich nicht so erfolgreich und volkswirtschaftlich nicht so wertvoll wie Männerbetriebe. Dabei genügt ein Blick auf statistische Daten über den Wirtschaftsstandort Österreichs um zu zeigen, dass Frauenbetriebe sogar sehr erfolgreich sind. Sie erwirtschaften in ihrer Größenklasse mehr als der Durchschnitt und sie beschäftigen relativ gesehen mehr Beschäftigte.

Weiterführende Links:
http://europa.eu.int/comm/enterprise/enterprise_policy/analysis/doc/execsum_2002_de.pdf
http://europa.eu.int/comm/enterprise/enterprise_policy/analysis/doc/smes_observatory_2002_report1_de.pdf