Montag, Juni 11, 2007

Zusammenfassung von Elke Pieber

In ihrem Artikel „Handlungsvorschläge für einen nicht-binären Umgang mit Geschlecht“ beschäftigt sich Anita P. Mörth in Theorie und Praxis mit der Dekonstruktion der Kategorie ‚Geschlecht’ vor allem in Unterrichtssituationen.
Bei der Auseinandersetzung mit der Geschlechterkategorie „[…] besteht jedoch ständig die Gefahr, die Konstruktion selbst zu verfestigen und zu verstärken“.[1]
In den ersten drei Abschnitten werden allgemeine theoretische Grundlagen und Varianten der Konstruktion von Geschlecht verschiedener TheoretikerInnen vorgestellt. Hierbei auszugsweise erwähnt seien Erving Goffman (2001) mit der Herstellung von Geschlecht als interaktives Handeln, Harold Garfinkel (1984) mit Studien zur Wichtigkeit der eindeutigen Zuordnung zu einem der beiden Geschlechter und Gesa Lindemann (1993) mit der Kategorie Geschlecht als gesellschaftliches und soziales Phänomen.
Um ein Gesellschaftssystem möglichst stabil zu halten zeigt MÖRTH zwei verschiedene systemerhaltende Strategien auf: Die Erfindung eines ‚Anderen’ und die Unsichtbarmachung des Anderen. Einerseits wird hierbei versucht, das zum Normalen Gemachte zu legitimieren, andererseits sollen jene Menschen, die widersprüchliche Merkmale aufweisen in die Nichtexistenz verschwinden.[2]
Im Gegensatz dazu versucht zum Beispiel die Queer Theory gerade die ausgegrenzten Positionen in die Geschlechterkonstruktionen einfließen zu lassen. Genannt seien hierbei Sabine Hark (1996, 2001) und Annette Schlichter (2003) mit ‚Left-Overs Positionen’[3], Judith Butler (1991) mit dem Wechseln des Geschlechts in Performances und Braidotti (1994) mit der bewussten Konstruktion der eigenen Identität als etwas veränderbares Nicht-Festgelegtes und Widersprüchliches.[4]
„Diese diskursiven Unorte werden positiv umgekehrt und als neue Arten von Kommunikation und Gegenpraktiken verstanden“.[5] Auf diese Weise entstehen neue Handlungsspielräume und Gegendiskurse.
Die folgenden fünf Abschnitte widmen sich der praktischen Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse vor allem im universitären Unterricht.
MÖRTH stellt in Folge Richtlinien für Geschlechter-Dekonstruktion als Prinzip in Unterrichtssituationen vor.
Beim grundlegenden Zugang zum Thema ist es wesentlich, dass sowohl Lehrende als auch Lernende kritisch reflektierend an verschiedene Themen herangehen. Vermeintliche Sicherheiten in Bezug auf Geschlecht und Identität sollten aufgebrochen werden und sogenannte Allgemeingültigkeiten sollten hinterfragt werden. Eigene Positionen und Normvorstellungen sollten ständiger Reflexion unterliegen.
Als wichtigste Rahmenbedingung nennt MÖRTH im Folgenden die Herstellung eines Klimas von Offenheit, Sicherheit und des Angenommenwerdens um die Geschlechtlichkeit adäquat zu thematisieren. Lehrende sollten sich klar positionieren und eine offene, transparente Unterrichtsplanung pflegen.
Bei der Vermittlung der Inhalte sollte herausgearbeitet werden, dass Geschlecht keine konstante Kategorie ist, sondern sozial, historisch und kulturell bedingt und variabel. Das Sichtbarmachen von Identitätsalternativen und adäquate Neuschöpfungen von Begriffen begünstigen die Veränderungen der Realität der Kategorie ‚Geschlecht’.
Damit die Dekonstruktion von Geschlecht auf breiterer Ebene weiterentwickelt werden kann, braucht es eine politische Entscheidung und Rahmenbedingungen zu deren Durchsetzung.
[1] MÖRTH, Anita P. (2006): Handlungsvorschläge für einen nicht-binären Umgang mit Geschlecht. S. 1. http://www.uni-graz.at/kffwww/geschlecht_didaktik/moerth.pdf [Stand 03.06.07]
[2] MÖRTH 2006, ebenda S. 3.
[3] Als ‚Left-Overs Positionen’ werden jene Haltungen bezeichnet, die nicht in das vorherrschende Schema des Normalen passen.
[4] MÖRTH 2006 ebenda S. 4.
[5] MÖRTH 2006 ebenda S. 4.

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